Kerbhölzer XXL | Ginibank


Das Projekt Kerbhölzer XXL bezieht sich auf die bis zum 19. Jahrhundert verwendete Möglichkeit, Schulden von Geschäftspartnern, Privatpersonen oder der öffentlichen Hand in ein gespaltenes Stück Holz einzuritzen und damit für beide Seiten zu dokumentieren. Kerbhölzer wurden somit wie Geld verwendet. Einen Teil des Holzes bekam der Schuldner, den anderen Teil der Gläubiger. Die Ritzungen zogen sich über beide Teile, sodass, wenn diese wieder zusammengefügt wurden, die Passgenauigkeit und die Maserung über die Echtheit Auskunft gaben. Es war fälschungssicher. Kulturgeschichtlich sind diese Hölzer insofern interessant, als die Idee der Ritzung und Kerbung im Verhältnis von Kredit und Geld bis an die Anfänge der Schrift zurückreicht. Die These, dass Schriftzeichen deshalb entstanden, weil es vor etwa 5000 Jahren die Notwendigkeit gab, Kredite zu dokumentieren, zeigt, wie ursächlich dieses Prinzip ist. Ein weiterer, heute verloren gegangener Aspekt, der Schuld und Haben miteinander verbindet, ist, dass durch das geteilte Kerbholz die Zusammengehörigkeit von Schuldner und Gläubiger deutlich wird. Denn auch heute garantiert der Schuldner dem Vermögenden sein Vermögen und damit befinden sich beide Seiten eigentlich auf Augenhöhe. Allerdings wird heute die Schuld moralisch geringer bewertet als das Vermögen, was sprachlich und in Anlehnung an die religiöse Schuld noch mal verstärkt wird. Interessant ist, dass dabei der gesellschaftlich gering geschätzte Schuldner diese moralische Last trägt, während der vermögende Schuldner (Banken, Firmen, Versicherungen) seine Schuld zur Disposition stellen kann. Seit der Bankenkrise 2008 haben wir gelernt, dass die Schulden der Bürger nicht aufgefangen werden, während bspw. die der Banken selbstverständlich sozialisiert und auf die Steuerzahler übertragen werden.

 

Weitere Informationen

Link zum Projekt

Beitrag auf rbb Kultur (12:40 min)



Beteiligte Künstler:innen

Sven Kalden



Laufzeit

22.04.2022 - 13.06.2022



Veranstaltungsort

Berlin-Mitte
Platz am Rolandufer 11 - 16
10179 Berlin